Zur Weinrallye #50 zum Thema „Naturwein“, zu der Iris Rutz-Rudel eingeladen hat, konnte ich mich nicht wirklich entscheiden, was ich nun (be-)schreibe. Herausgekommen ist ein Doppelposting. Zum einen dieses und zum anderen jenes. Viel hilft viel.
Zunächst war ich mir noch nicht einmal ganz sicher, wie sehr ich mich mit der Begriffsdefinition von Naturwein auseinandersetzen sollte und wollte. Ich bin ein bisschen durch die Gegend gesurft und habe mir verschiedene „Definitionen“ angesehen, wobei ich dann jedoch feststellen musste, dass es nicht wirklich eine Definition gibt. Nur Meinungen. Thomas Günther hat dies bereits 2010 gut beschrieben.
Nicht zuletzt durch das Vinocamp 2012 schwirrte das Thema Amphorenweine durch mein Hirn und ich wollte mich einmal etwas intensiver mit einem Vertreter seiner Art auseinandersetzen. Nun ist daraus mit Elisabetta Foradori`s Fontasanta Nosiola eine Vertreterin geworden.
Schon beim Kauf der Flasche bin ich gewarnt worden: Der braucht Luft! So habe ich – so glaube ich zumindest – alles richtig gemacht: Die Flasche 30 Stunden vorher geöffnet, karaffiert und den Wein bei 15°C zum verkosten vorbereitet. Über die Reaktionen, die ich mit meinem Facebook-Posting „Ich karaffiere dann mal den Weißwein, den ich morgen Abend trinken möchte …“ auslöste, war ich bass erstaunt. Innerhalb kurzer Zeit kamen zahlreiche Kommentare und es wurde gerätselt, was ich da in die Karaffe gebe. Der Weinpunk hat es dann auch recht schnell auf den Punkt gebracht. Respekt!
Da ich den Wein an mehreren Tagen und somit in unterschiedlichen Entwicklungsphasen verkostet habe, gliedere ich die Notizen nach den Verkostungstagen.
Tag 1
Beim Öffnen und Karaffieren habe ich bereits einen kleinen Schluck verkostet. Der Wein war sowas von zu und die Säure dermaßen dominant, dass ich froh bin, dem Wein und mir die Zeit in der Karaffe eingeplant zu haben. Also dem Wein in der Karaffe und mir die Zeit …
Tag 2
Nun, 30 Stunden später und auf 15°C temperiert, sind in der Nase vor allem würzig-kräutrige Noten zu entdecken. Dazu etwas Limettenschale und Bitterorange, aber auch Rosmarin und Walnuss. Zwischendurch flackern immer wieder mineralische Noten auf. Feuerstein, salzige Eindrücke und dann Tannenzapfen. Mit der Zeit kommt Kakao hinzu. Etwas später stellen sich rauchige Noten ein.
Am Gaumen kommt eine feine, pikante Säure zum Vorschein. Nicht mehr dominant wie am ersten Tag, aber weiterhin ein prägendes Element. Trotz aller Würze und Vielschichtigkeit wirkt der Wein fast schlank. Auf jeden Fall elegant. Aber auch gewissermaßen anstrengend. Ein Wein der fordert. Bietet jedoch zugleich ein tolles Trinkvergnügen.
Nach einer Stunde im Glas und ca. zwei Grad mehr an Temperatur, wird der Wein langsam sogar schmelzig. Ich bin gespannt, wie der Wein morgen daher kommt …
Tag 3
Nun sind gut 54 Stunden vergangen, seitdem ich die Flasche geöffnet und karaffiert habe. Die Farbe hat sich noch keinen Deut geändert. Die Nase begrüßt mich heute zunächst mit Schokolade und etwas ätherischen Noten, sowie milden Gewürzen. Die Zitrusfrucht, welche gestern zu erschnuppern war, finde ich derzeit nicht. Dafür kommt etwas Quitte heraus. Nach ein paar Minuten im Glas nimmt die Würze weiter zu und ich fühle mich an Salmiakpastillen erinnert. Rosmarin gesellt sich wieder dazu und ein Hauch von Lavendel und Veilchen.
Am Gaumen ist umgehend wieder die belebende Säure zu spüren. Heute denke ich dabei aber eher an Rosa Grapefruit. Nicht die Schale, sondern eher die Zesten. Diese leicht bitter-herbe Art gefällt mir. Weiterhin habe ich den Eindruck, dass sich mir der Wein noch nicht ganz anvertrauen möchte. Feigling! Da kommt noch was …
Tag 6
Da ich ein paar Tage unterwegs war, hat der Wein noch mehr atmen können. Nunmehr sind fast 130 Stunden vergangen, seitdem ich die Flasche karaffiert habe. Die Farbe hat sich auch jetzt nicht verändert.
In der Nase finde ich nun einen Kräutergarten vor. Nicht erschlagend, sondern fein die Nase umspielend. Dazu auch eine etwas ätherische Würze. Sowohl von den Kräutern, wie auch in Richtung von Limettenschale. Die Walnuss vom dritten Tage ist etwas eingetrocknet, aber immer noch da. Hin und wieder blinzelt etwas Kakao auf. Dann etwas Leder. Was mich verwundert ist, dass mir keine wirklich oxidativen Noten entgegenströmen. Aber andererseits, ist der Wein ja eigentlich auch schon alleine durch Maceration und die Lagerung in der Amphore mit Sauerstoff gesättigt. Mit der Zeit bekommt der Wein gar etwas rauchiges. Spannend!
Am Gaumen wirkt die Säure nun harmonischer. Die Noten von Bitterorange und Limettenschale scheinen sich nun vollends in den Geschmack verlagert zu haben. Es macht den Wein saftig. Ich habe den Eindruck, dass der Wein fruchtiger geworden ist. Auch am Gaumen keine Spur von Oxidation. Unglaublich.
In der Karaffe ist nun noch ein Glas für morgen Abend. Dann kann der Artikel pünktlich zur Weinrallye am Freitag online gehen.
Tag 7
Heute habe ich den Eindruck, dass die Farbe sich deutlich aufgehellt hat. Kann das sein ?!?
In der Nase begrüßt mich heute Pfeifentabak. Auch Earl-Grey-Tee ist anfangs präsent. Nach wenigen Minuten changiert die Aromatik in Richtung von ätherischer Würze. Auch die Salmiakpastillen vom dritten Tag erscheinen wieder.
Am Gaumen ist nun ein Wechselspiel von Cremigkeit und herzhafter Säure zu spüren, wobei die Cremigkeit mehr und mehr Oberhand gewinnt. Trotz allem bleibt ein kräutrig-würziger Eindruck präsent, welcher die wenig ausgeprägte Frucht wettmacht. Alles andere als langweilig!
Resumée
Wenn ich mir diese Verkostung im Verlauf der vergangenen Woche vor Augen führe und die Verkostungsnotizen vergleiche, stelle ich fest, dass der Wein noch viel zu jung ist. Es ist zwar keine großartige „Öffnung“ des Nosiola zu erleben, aber er entwickelt sich positiv weiter. Langsam. Bedächtig.
Dass die Frucht bei diesem Weintyp eine eher untergeordnete Rolle spielt verwundert mich nicht. Eindrucksvoll finde ich hingegen, dass der Wein auch nach einer Woche in der Karaffe keinerlei negative Einflüsse von Oxidation zeigt.
Für mich absolut ein Wein, den ich in ein paar Jahren gerne wieder verkosten würde um zu sehen, wie die Entwicklung auf der Flasche ist. Und ich hätte noch nicht einmal Angst, 10-15 Jahre ins Land streichen zu lassen.
Nach dieser Beschreibung freue mich schon auf die Anstehende Verkostung des Morei und Sgarzon von Foradori 😉