Viele ambitionierte Weinmacher und Weingüter produzieren nicht nur Wein, sondern experimentieren auch. Seien es An- oder Ausbaumethoden, Rebsorten oder Cuvéepartner. Vieles wird ausprobiert, etliches wieder verworfen, aber gelegentlich treffen die kreativen Önologen auch genau den Nerv.
Genau solch ein Volltreffer ist für mich dieser Weißwein aus Castilla-Léon, der 2011 Le Domaine von Abadía Retuerta. Mitte der 1990er Jahre wurden auf ausgewählten Flächen auf gut 700m Höhe, direkt an der westlichen Grenze zur DO Ribera del Duero, versuchsweise Weißweinreben gepflanzt. Vor allem Sauvignon Blanc, aber auch etwas Verdejo und andere Sorten.
In der Nase zunächst eher verschlossen, das Holz noch etwas vordergründig. Aber nach einiger Zeit im Glas entwickelt sich ein vielschichtiges Bukett mit exotischen Früchten, Ananas, Mandarinen, sowie rauchig-buttrigen Noten.
Am Gaumen ein kraftvoller Auftakt, gefolgt von einer cremigen Eleganz. Erfrischende Zitrusnoten im Wechselspiel mit Kräutern, Röstnoten und balsamischen Eindrücken.
Nach zwei Tagen und bei etwa 14°C verkostet, präsentiert sich die Nase mit einer feinen Würze gepaart mit den bereits beschriebenen zarten exotischen Fruchtaromen und der rauchig-buttrigen Note.
Auch am Gaumen hat der Wein nichts von seinem Reiz verloren. Eher im Gegenteil: er wirkt eleganter als zuvor und animiert zum trinken.
Man merkt deutlich: es ist wahrlich ein „Blanco de Guarda“, also ein Weißwein zum Lagern. Ich denke in 5-8 Jahren wird der Wein zu Höchstform aufgelaufen sein. Wer ihn jetzt geniessen will, sollte den Le Domaine am besten karaffieren um ihm die nötige Portion Luft zu bescheren und vor allem auch nicht zu kalt trinken. 12-14°C empfinde ich als ideale Temperatur, um diesen Wein mit all seinen Facetten erschließen zu können.
Schade, dass der Wein schon nicht mehr ab Weingut verfügbar ist. ich bin schon gespannt auf den kommenden Jahrgang …