Die Region Vinho Verde im Norden Portugals, ist den meisten Verbrauchern als Herkunft für einfach trinkbare, unkomplizierte und alkoholarme Weißweine bekannt. Oft mit ordentlich Restsüße ausgestattet und mit CO2 auf frisch gepimpt. Leider! Denn das ist zwar ein Teil der Produktion – von der Menge her sicherlich auch ein großer Teil – aber es zeigt nicht, was es in der Region gibt. Genausowenig wie eine „Blue Nun“ oder „Black Tower“ den deutschen Weinbau repräsentiert.
Ich hatte in den vergangenen Monaten und Jahren mehrfach die Möglichkeit, die Region zu bereisen und das Potential zu erkunden. Für mich eine absolut faszinierende Region, nicht nur von der Landschaft her, sondern auch von den Menschen und der Gastronomie. Und nicht zuletzt von den Weinen her, bei denen sich in den letzten Jahren auf dem qualitativen Niveau wieder sehr viel getan hat. Zum Guten 🙂
In den letzten Tagen hatte ich vier Alvarinhos einzeln verkostet und auch hier in der Rubrik #heuteimglas gepostet. Idee der Reihe war, dass ich verschiedene Stilarten des Ausbaus einer einzigen Regbsorte – hier dem Alvarinho – aus der Region Vinho Verde einander gegenüberstellen wollte.
4 shades of Alvarinho
Die vorgestellten Ausbauvarianten sind exemplarisch, zeigen jedoch einmal mehr wie stark der Mensch durch die Art der Vinifikation des Weines, den Geschmack beeinflusst. Ganz bewusst habe ich darauf geachtet, dass alle vier Weine vom gleichen Jahrgang sind. Drei der Weine sind aus der Subregion Monção e Melgaço der DOP Vinho Verde, einer aus der IGP Minho. Dies liegt an der noch geltenden Gesetzeslage vor Ort, dass ein reiner Alvarinho aus der DOP Vinho Verde nur aus der genannten Subregion kommen darf. Wenn ein Weingut einen reinen Alvarinho ausserhald der Subregion herstellen möchte, muss dieser als IGP Minho, also als Landwein vermarktet werden. Diese Gesetzeslage ist jedoch im Umbruch, so dass in wenigen Jahren auch reine Alvarinhos aus der gesamten DOP-Region Vinho Verde kommen dürfen.
Die vier Weine im einzelnen beschrieben:
2015 QM Vinhas Velhas Alvarinho, Quintas de Melgaço
„Klassisch“ ausgebaut ohne etwas bsonders hervorheben zu wollen.
Klare, fruchtbetonte Aromatik, die an Zitrusfrüchte erinnert. Dazu etwas reifer Pfirsich und dezent mineralische Noten. Geradevorwärts im Auftakt, die Zitrusnoten sind wieder voll da, dann eine leicht salzige Note. Aromatisch und unkompliziert. Unverfänglich.
2015 Alvarinho Granit, mineral selection, Soalheiro
Luis wollte beim Ausbau des Weines das granithaltige Terroir von Monção e Melgaço herausarbeiten. Dazu hat er zum einen mit einer höheren Gärtemperatur als sonst üblich gearbeitet, und zum anderen die Mineralität durch Bâtonnage und den Ausbau auf der Feinhefe noch weiter unterstrichen.
Der Name ist Programm: in der Nase ist neben einer zarten Feuchtigkeit umgehend auch nasser Stein wahrnehmbar. Dazu noch eine leicht hefig-cremige Note. Nichts Aufdringliches. Ein eleganter Auftritt. Im Antrunk ebenso ein salzig-mineralischer Eindruck, untermalt von einer harmonischen und reifen Säure, die dem Wein zum einen Struktur verleiht, ihm aber auch eine enormen Trinkdruck beschert. Ein anspruchsvoller, aber doch auch zugänglicher Vertreter seiner Region.
2015 Alvarinho Reserva, Maceração Pelicular / Fermented with skin contact, Solar de Serrade
Wie der Untertitel des Weines es schon verrät: hier wurde über eine Vergärung des Mostes zusammen wit den Traubenschalen – also letztendlich fast eine Maischegärung we beim Rotwein, nur nicht so umfangreich – das Aroma durch die Vinifikation natürlich beeinflusst.
Recht würzige Aromatik, getrocknete Orangenschale, etwas Kräuter und eine Spur von Pfirsichschale. Kerniger Auftakt am Gaumen, leicht phenolisch, die Kräuter kommen stärker zum Vorschein, die Frucht bleibt eher im verborgenen. Kann ich mir mit der Art und Textur gut zu gegrilltem Fisch vorstellen, vielleicht sogar zu einem saftigen Steak vom Thunfisch.
2015 Pluma Alvarinho Reserva, Casa de Vila Verde
Auf dem Rücketikett steht es deutlich, was hier anders gemacht wurde: „Fermented and aged in French, Hungarian and American oak barrels.“ Also in Holzfässern sowohl vergoren, wie auch gereift.
Anfangs dominiert die Holzwürze. Mit mehr Zeit und Luft zeigen sich Aromen von Dörrobst, reifer Aprikose und leicht ätherische Kräuter, fast sogar ein floraler Touch. Kraftvoll und zupackend am Gaumen und doch nicht erschlagend. Neben dem Dörrobst machen sich nussige Aromen bemerkbar. Dazu feines Salzkaramell und würzige Aspekte. Gute Länge. Wieder ein Speisenbegleiter für Gegrilltes.
Dieser Ausflug soll Lust machen auf mehr. Auf mehr Entdeckungsfreude. Auf mehr Vinho Verde 🙂